Institut für Technische Chemie Arbeitsgruppen
Biokatalyse und Bioreaktionstechnik

Arbeitsgruppe Biokatalyse und Bioreaktionstechnik

AG-Leitung Prof. Dr.-Ing. Selin Kara

Die Forschung der Arbeitsgruppe strebt umweltfreundliche und hochproduktive Biotransformationen an, indem sie sowohl Biotechnologie und Biomaterialien als auch Chemie- und Reaktionstechnik in einer multidisziplinären Plattform kombiniert.

Unser Forschungsschwerpunkt ist die Optimierung enzymatischer Umsetzungen durch Substrat-, Biokatalysator-, Medium- und Verfahrenstechnik.
Wir erforschen alternative Reaktionswege, insbesondere für das Substrat-Engineering. Unser Ziel ist es, die Umweltbelastung im Vergleich zu etablierten Biotransformationen zu reduzieren. Weiterhin streben wir danach, die Produktivität der biokatalytischen Reaktionen zu erhöhen. Dazu evaluieren wir auch den Einsatz von Zweiphasensystemen, reinen organischen Lösungsmitteln oder lösungsmittelfreien Systemen und tiefen eutektischen Lösungsmitteln.

Praxisorientiert und nachhaltig

Unsere Forschung ist praxisnah: Um den Anforderungen praktischer und wirtschaftlicher Biotransformationen gerecht zu werden, erforschen wir das Biokatalysator-Engineering. Beispielsweise betrachten wir die Immobilisierung und Modifizierung von Enzymen, um robuste Biokatalysatoren in einem industriell relevanten Umfeld zu etablieren - bei hohen Substrat- und Produktbeladungen und der Verwendung organischer Lösungsmittel. Die optimierten Reaktionsbedingungen, einschließlich aller genannten Aspekte werden mit der Verfahrenstechnik kombiniert. So entwickeln wir verbesserte Reaktorkonzepte, die im Batch-, Fed-Batch- oder im kontinuierlichen Modus betrieben werden.

Biokatalyse in nicht konventionellen Medien

Die chemische Industrie steht derzeit vor der Wende von der klassischen Herstellung erdölbasierter Chemikalien zur nachhaltigen Synthese biobasierter Produkte. Dies erfordert eine ganzheitliche Betrachtung aller Aspekte, z. B. biogene Ausgangsstoffe, effiziente Biokatalysatoren, umweltverträgliche Verarbeitung und maßgeschneiderte „grüne“ Lösungsmittel.

Insbesondere das Design und die Wahl der Lösungsmittel sind von grundlegender Bedeutung, da viele Lösungsmittel reaktive Medien sind und synergistische Effekte bei einer chemischen Reaktion haben (z. B. Aktivierung/Desaktivierung eines Katalysators). Die Biokatalyse in nicht-konventionellen Medien (BNCM) hat sich zu einer einfachen Umschiffung der Schattenseiten der Verwendung von Wasser als Lösungsmittel und damit zu einem neuen Trend in Richtung nachhaltige Chemie entwickelt. In diesem Zusammenhang konzentriert sich unsere Forschungsgruppe auf die Anwendung alternativer Reaktionsmedien, die Zweiphasensysteme, die Verwendung organischer Lösungsmittel, reiner Substrate (lösungsmittelfreier Systeme) und Deep Eutectic Solvents (DES) umfassen, um den wirtschaftlichen und ökologischen Zwängen biotechnologischer Prozesse gerecht zu werden. Die ausgewählten grundlegenden und anwendungsorientierten Studien umfassen Analysen des Einflusses nicht-konventioneller Medien auf die katalytische Leistung von Enzymen durch die Verknüpfung von experimentellen Daten und Molekulardynamiksimulationen (MD), gefolgt von wissensorientiertem Solvent Engineering für effiziente biokatalytische Reaktionen.

Mehrstufige Biokatalyse

Die derzeitigen Verfahren zur Herstellung von Chemikalien erfordern eine material-, energie-, zeit- und raumaufwendige Isolierung und Reinigung von Reaktionszwischenprodukten, was zu einer erheblichen Abfallerzeugung führt. Daher müssen sauberere Prozesse durch die Integration von Produktionsschritten unter Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien etabliert werden. In diesem Zusammenhang ist die mehrstufige (Bio-)Katalyse eine attraktive Option zur organischen Synthese, da sie die Syntheserouten durch die Vermeidung von (Ent-)Schützung, die Beseitigung von Problemen mit Zwischenprodukten und die Verschiebung von Reaktionsgleichgewichten vereinfacht. Enzyme können sich mit zusätzlichen Enzymen, Chemokatalysatoren (z. B. Metall- und Organokatalysatoren) und Photokatalysatoren oder Licht zusammenschließen, um bio-biokatalytische, chemo-biokatalytische bzw. photo-biokatalytische Systeme zu bilden. Unser Team ist bestrebt, mehrstufige enzymatische Kaskaden zu entwerfen und technisch umzusetzen, die die oben genannten Kombinationen abdecken: Bio-Bio, Chemo-Bio und Photo-Bio.

Hybrid-Biomaterialien

Hydrogele sind dreidimensional vernetzte Polymernetzwerke mit versatilen Eigenschaften, die von Biokompatibilität und Quellbarkeit, über antibakterielle Eigenschaften, bis hin zur Einstellbarkeit der mechanischen Eigenschaften reichen können. Deshalb können Hydrogele in unterschiedlichsten Anwendungsfeldern zum Einsatz kommen. Die Untergruppe „Hybrid Biomaterials“ nutzt diese Vielseitigkeit der Hydrogele für unterschiedlichste Anwendungen, wie (i) Enzymimmobilisierung, (ii) 3D-Druck, (iii) „Clean Meat“ und weitere (iv) biomedizinische Verwendungen wie Wirkstofffreisetzungssysteme. Dabei wird vor allem ein Augenmerk auf die Synthese und Charakterisierung gelegt. Mithilfe von Struktur-Eigenschafts-Beziehungen können Hydrogele auf ihre spezifische Anwendung eingestellt werden. Für „Clean Meat“ können beispielsweise Hydrogele mit hohen Oberflächen hergestellt und als Scaffold zur Zellkultivierung genutzt werden.

Intensivierung von Bioprozessen

Um die Kosteneffizienz und damit den Erfolg biokatalytischer Reaktionen voranzutreiben, müssen Bioprozesse in ganzheitlicher Weise intensiviert werden, wobei der Medien- und Verfahrenstechnik besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Aus medientechnischer Sicht sind Lösungsmittel bei der Isolierung und Konditionierung von Rohstoffen (Substraten), bei Reaktionsschritten (Upstream) und bei der Produktisolierung/-reinigung (Downstream) von entscheidender Bedeutung. Die verfahrenstechnischen Studien im Bereich der Biokatalyse werden heutzutage von kontinuierlichen Verfahren, insbesondere der Durchfluss-Biokatalyse, dominiert.

Sowohl freie als auch heterogenisierte Enzympräparate werden für kontinuierliche Durchfluss-Bioprozesse eingesetzt, die gegenüber dem Batch-Betrieb mehrere Vorteile bieten, wie z. B. (i) einfache Kapazitätserhöhung durch Verlängerung der Reaktionszeit oder den Bau von Serien- und/oder Parallelreaktoren, (ii) geringeres Risiko im Zusammenhang mit der Akkumulation und Lagerung gefährlicher Zwischenprodukte, da deren vorübergehende Mengen unterhalb der Sicherheitsgrenzwerte liegen, (iii) geringerer Aktivitätsverlust im Vergleich zur Verwendung immobilisierter Enzyme unter Rührbedingungen, (iv) einfaches Einstellen und Überwachen der Reaktionsparameter (Temperatur, Druck, Durchflussmenge), was zu zuverlässigeren und reproduzierbaren Prozessen führt, (v) hohes Verhältnis von Wärmeübertragungsfläche zu Produktvolumen, (vi) gute Wärmeübertragungseigenschaften, die sich ideal zur Optimierung der Reaktionsbedingungen eignen, und (vii) effizientes Mischen. Unsere Forschungsgruppe umfasst im Bereich des integrierten Downstream-Processing den Einsatz von (i) hydrophoben, Deep Eutectic Solvents, (ii) Adsorber-/Ionenaustauschharzen und (iii) die selektive Ausfällung/Kristallisation von Zielprodukten.

Leitung

Prof. Dr.-Ing. Selin Kara
Adresse
Callinstraße 3-9
30167 Hannover
Gebäude
Raum
161
Prof. Dr.-Ing. Selin Kara
Adresse
Callinstraße 3-9
30167 Hannover
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161