Institut für Technische Chemie Arbeitsgruppen
Mikroarraytechnik und Biotesting

Arbeitsgruppe Mikroarraytechnik und Biotesting

AG-Leitung Dr. Frank Stahl

Chiptechnologien

Seit der Jahrtausendwende stehen der biologischen Forschung Hochdurchsatztechnologien zur Verfügung, die es ermöglichen, die verschiedenen Biomolekül-spezies der Zelle (z.B. Gene, Proteine, Stoffwechselprodukte etc.) in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Diese Technologien werden mit dem Fachterminus „Omics“-Technologien bezeichnet und basieren in erster Linie auf sogenannten Microarrays, mit denen mehrere tausend Einzelnachweise parallel durchgeführt werden können, wobei nur eine sehr geringe Menge an Probe nötig ist. Diese Microarrays werden im Deutschen auch Biochips genannt, weil sie wie ein Computerchip eine Vielzahl von Informationen auf kleinstem Raum speichern können. Microarrays bestehen aus modifizierten Glasoberflächen, auf denen hohe Spotdichten (bis 120.000) bei sehr kleinen Spotdurchmessern (kleiner 250 µm) aufbringbar sind.

Biotesting

In der Arbeitsgruppe werden analytische Tests zur Bewertung von Substanzen, wie Wirkstoffen oder Nanopartikel erarbeitet. Diese Substanzen können in unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und Geometrie vorliegen und getestet werden, die Testungen können auch speziell nach den REACH-Vorgaben ausgeführt werden. Toxizitätstestungen erfolgen zwei- und dreidimensional in parallelisierbaren, zellulären Testsystemen, welche ein schnelles Toxizitätsscreening erlauben. Zusätzlich  können Untersuchungen zur Inflammation und Infektion, z.B. auf Cytokinebene durchgeführt werden. Darüber hinaus soll in Zukunft speziell am Ersatz von Tierversuchen durch sogenannte Zell- oder Organarrays geforscht werden, um die Lücke zwischen in-vitro und in-vivo Testsystemen zu schließen. Letztlich werden selbst synthetisierte Quantum-Dot und Metalloxid Nanopartikel für therapeutischen Applikationen getestet und sogenannte Nanotheranostics entwickelt.

Chiptechnologien

Im Institut steht ein komplettes Chipsystem bestehend aus Affymetrix 427 Arrayer, Gesim Nanoplotter 2.1, Axon 4000B Arrayscanner, Theonyx Pipettierroboter und Agilent Bioanalyser zur Verfügung, und die Arbeiten wurden vollständig bis zur routinemäßigen Anwendung in Forschung und Diagnostik, inklusive Datenauswertung, etabliert. Folgende Arrayformate können angeboten werden: DNA-arrays, Protein-arrays, Aptamer-arrays, Target-arrays, Tissue-arrays, Living cell arrays und die Lab-on-a-chip Analytik von Biomolekülen. Neben klassischen Genexpressionsanalysen werden vermehrt funktionelle Anwendungen entwickelt und durchgeführt, die in die Bereiche Biosensorik, Wirkstoffscreening und Biotesting hineinreichen und vielfältige Interaktionen mit den Exzellenzclustern Rebirth und NIFE sowie dem neuen BMWZ beinhalten. Im Rahmen einer BMWZ-Kooperation konnte jetzt zum ersten Mal ein reales, direktes „Target-Omics“ Verfahren etabliert werden.  Bei der Entwicklung des Verfahrens wurden zunächst Hitzeschockproteine (Hsps) als Targets verwendet. Hierzu wurden mit dem im Institut für Technische Chemie zur Verfügung stehenden Chipsystem das Hsp90 Protein als so genannter „Fänger“ auf Chip-Oberflächen aus Nitrocellulose gedruckt. Bindet das „Fängermolekül“ nun einen mit einem Farbstoff versehenen Marker, der üblicherweise ein Molekül aus der zellulären Umgebung ist, kann ein optisches Bindungssignal gemessen werden. Anschließend wird über einen so genannten  Verdrängungs-Assay die konkurrierende Bindung anderer Substanzen (im vorliegenden Fall der neuen Abkömmlinge des Geldanamycins) an Hsp90 untersucht. Ein möglicher Wirkstoffkandidat kann nun nicht nur den Marker verdrängen, er verringert später als Wirkstoff in der Zelle auch die Faltungsaktivität des Hsp90 und könnte somit Tumorzellen der Apoptose zuführen. Das entwickelte Verfahren ermöglicht die Testung von chemischen Substanz-Bibliotheken im Hochdurchsatzverfahren gegen definierte Krankheits-spezifische Targets.

Biotesting

In unserer Arbeitsgruppe wurden stringente, zelluläre Testsysteme aufgebaut, die zwei- und dreidimensional, statisch und dynamisch eingesetzt werden können, um Materialien und Wirkstoffe  hinsichtlich  (i) ihrer Toxizität,  (ii) ihrer Biokompatibilität und und (iii) ihrer potentiellen Effekte auf das Wachstums- und Differenzierungsverhalten der Testzellen zu bewerten. Die eingesetzten Testsysteme erfassen phänotypische und funktionelle Zellcharakteristika sowie die Darstellung molekularer Marker. Die Komplementarität der Methoden erlaubt eine valide, leistungsfähige und standardisierbare Überwachung der Kulturbedingungen und damit die iterative Optimierung der der getesteten Materialien/Substanzen. Besonderer Wert wird auf die Miniaturisierung der Testsysteme hin zu sogenannten  „living cell microarrays“ und auf Entwicklungen zum Ersatz von Tierversuchen mit Zell- und Organarrays gelegt. Alle Testsysteme können mit Zelllinien, primären Zellen und Stammzellen betrieben werden und werden cryo-konservierbar ausgelegt. Diese Zellchips sollen auch in der kontrollierbaren Diagnostik von z.B. Tumorzellen eingesetzt werden. Hier soll in erster Linie über die zellspezifische Bindung von Nanotools ein Monitoring erfolgen bzw. ein therapeutischer Effekt induziert werden.    

Statistische Auswertung

Die Mikroarray-Technologie konnte die Geschwindigkeit der Expressionsanalyse deutlich beschleunigen. Jedoch muss deren Komplexität und Variabilität in der Auswertung berücksichtigt werden, um hochwertige, signifikante Daten zu erhalten. Hierzu liefert die Bioinformatik einen wesentlichen Beitrag. Im TCI wurde ein benutzerfreundliches Microarray-Analyse-Programm entwickelt, das eins der größten Schwierigkeiten im Umgang mit Microarray-Daten durch Integration eines erfolgsversprechenden Multiscan-Ansatzes zu lösen vermag. Um eine korrekte Messung der Probenwerte, die einen breiten Intensitätsbereich umspannen können zu garantieren, wurde ein Algorithmus implementiert, der eine lineare Regression beinhaltet. Mit diesem Ansatz werden lineare Bereiche multipler Scans kombiniert, die bei unterschiedlichen Scannerempfindlichkeiten aufgenommen wurden. Für die weitere Prozessierung und Interpretation der ausgewerteten und klassifizierten Datensätze können öffentlich verfügbare Datenbanken genutzt werden, z. B. Gene Expression Omnibus (GEO).    

Kontakt

Dr. Frank Stahl
Adresse
Callinstraße 1
30167 Hannover
Gebäude
Raum
003
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